Anwaltliche Fortbildungsveranstaltungen zum Versicherungsrecht in den USA und weltweit
1. Einleitung
„Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein.“ Dieses Zitat von Philip Rosenthal gilt auch für die anwaltliche Praxis. Gemäß § 43a Abs. 6 BRAO sind Rechtsanwälte verpflichtet, sich fortzubilden. Insbesondere Fachanwälte müssen gemäß § 15 FAO jährlich an mindestens 15 Zeitstunden Fortbildung teilnehmen, sonst verlieren sie ihren Fachanwaltstitel. Im Versicherungsrecht kann ein Fachanwaltstitel erworben werden, entsprechend gibt es auch viele Möglichkeiten, an Fortbildungsveranstaltungen im Versicherungsrecht teilzunehmen. Anwaltliche Fortbildungsveranstaltungen zum Versicherungsrecht gibt es aber nicht nur in Deutschland, auch andere Länder bieten solche Veranstaltungen für Anwälte an.
2. In den USA
So sind anwaltliche Fortbildungsveranstaltungen in den USA unter dem Namen „Continuing Legal Education“ (CLE) zu finden. Die Anforderungen an CLE-Programme werden von den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen, also unter anderem den Bundesstaaten, festgelegt. Angeboten werden anwaltliche Fortbildungsveranstaltungen in den USA unter anderem von der American Bar Association (ABA), der Federal Bar Association (FBA) sowie von den unterschiedlichen State Bar Associations und einigen Law Schools. So bietet die ABA in der ABA Gruppe „Tort Trial and Insurance Practice Section“ (TIPS) jedes Jahr verschiedene Kurse und Konferenzen zum Haftungs- und Versicherungsrecht an. Davon finden einige auch online als Webinar statt. Möchte man zum Beispiel mehr zu der Versicherungsordnung in den USA erfahren, so können Interessierte sich für den Kurs „Insurance Regulation 101: The Basics of the U.S. System“ (Versicherungsordnung 101: Das Wichtigste über das U.S. System) anmelden. Für diesen 90-minütigen Kurs müssen Nicht-Mitglieder 125 $ zahlen, die Preise entsprechen somit in etwa denen in Deutschland.
3. Weltweit
In Großbritannien gab es noch bis 2016 im Rahmen des „Continuing Professional Development“ (CPD) die Verpflichtung zum Besuch anwaltlicher Fortbildungsveranstaltungen. Allerdings wurde das CPD durch das System der „Continuing Competence“ abgelöst, das auf die Selbstreflexion und Eigeninitiative der Anwälte abstellt und somit den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen in die Verantwortung der Anwälte selber legt. Dadurch werden weniger Fortbildungsveranstaltungen angeboten als in den USA und insbesondere zu spezielleren Rechtsgebieten wie dem Versicherungsrecht lassen sich kaum brauchbare Veranstaltungen finden.
Hingegen gibt es in Kanada grundsätzlich weiterhin verpflichtende CPD-Programme, die Regeln und Anforderungen können aber in den unterschiedlichen Bezirken verschieden sein. Fortbildungsveranstaltungen werden in erster Linie durch das Practising Law Institute (PLI) angeboten; hier gibt es auch viele Veranstaltungen zum Versicherungsrecht, wobei die meisten online stattfinden. Interessierte können Kurse wie „Coverages for Construction Defects and Building Code Upgrades“ (Versicherungsschutz für Baumängel und Verschärfungen der Bauordnung) buchen, der Preis für den etwa einstündigen Kurs beträgt 235 $. Wer noch mehr Interesse hat bucht nicht nur einen einzigen Kurs, sondern direkt das ganze sechsstündige Modul „Property and Casualty Insurance Law 2022“ (Schadens- und Unfallversicherungsrecht 2022), welches sich vertieft mit der Thematik befasst und 1390 $ kostet.
Außerdem gibt es in Australien verpflichtende CLE- bzw. CPD-Programme, wobei auch hier die Anforderungen je nach Bundesstaat oder Territorium variieren können. Kurse können über LawCPD gefunden werden, im Versicherungsrecht gibt es zum Beispiel den Onlinekurs „Current Issues in Director’s and Officer’s Liability Insurance“ (Aktuelle Fragen zur Organhaftungsversicherung), der für 109 $ gebucht werden kann.
4. Anrechnungsfähigkeit in Deutschland
Für Fachanwälte aus Deutschland stellt sich nun die Frage danach, ob solche Fortbildungsveranstaltungen auch in Deutschland anrechnungsfähig sind. Hier ist auf § 2 III FAO hinzuweisen, der besagt, dass die vom Fachanwalt nachzuweisenden besonderen theoretischen Kenntnisse auch die europarechtlichen Bezüge des Fachgebiets erfassen müssen. Grundsätzlich sind die anwaltlichen Fortbildungsveranstaltungen also nicht auf Deutschland beschränkt. Zudem ist in § 15 Abs. 1 S. 1 FAO von einer „fachspezifischen“ Veranstaltung die Rede und grade nicht von einer deutschen oder anwaltlichen Veranstaltung, so dass auch ausländische Veranstaltungen mit Fachbezug grundsätzlich anrechnungsfähig sein sollten. Im Zweifel bietet es sich aber sicherlich an, im Vorfeld bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer anzufragen, ob die jeweilige Veranstaltung tatsächlich angerechnet werden wird.
Quellen
https://en.wikipedia.org/wiki/Continuing_legal_education
https://www.anwalt.de/rechtstipps/weiterbildung_fortbildung
https://www.americanbar.org/events-cle/mtg/web/428446853/
https://www.sra.org.uk/solicitors/resources/continuing-competence/cpd/continuing-competence/
https://www.pli.edu/credit/Canada
https://www.pli.edu/programs/property-and-casualty-insurance-law?t=ondemand&p=352517#SEG137682
https://lawcpd.com.au/continuing-legal-education-cle-nsw-lawyers
https://www.rak-sachsen-anhalt.de/rak-aktuell/405-der-neue-15-fao.html
Erstellt am 08.03.2023
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Rechtsanwalt Dr. Martin Riemer
Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht