Berufsunfähigkeitsrecht

    Was bedeutet Berufsunfähigkeit?

    Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine Lebensstellungsversicherung, die eintritt, wenn der Versicherungsnehmer nicht mehr länger als halbschichtig die für seinen Beruf prägende Tätigkeit ausüben kann.

    Berufsunfähig ist, wer infolge von Krankheit, Verletzung oder eines mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Im Gegensatz zur Erwerbsunfähigkeit, bei der geprüft wird, ob der Betroffene in einen anderen Beruf ausweichen kann, geht es allein darum, ob man für seinen ausgeübten Beruf nicht mehr geeignet ist.
    Dies ist normalerweise der Fall, wenn die berufliche Tätigkeit dauerhaft oder für einen längeren Zeitraum (nicht weniger als sechs Monate) um mindestens 50 % eingeschränkt ist. Die Einschränkung muss durch ein medizinisches Gutachten nachgewiesen werden. Klassische Ursachen für Berufsunfähigkeit sind physische Beeinträchtigungen wie Erkrankungen des Bewegungsapparats (hierunter fallen beispielsweise auch Rücken- und
    Gelenkbeschwerden), Krebserkrankungen, Unfälle und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In der jüngeren Vergangenheit werden aber auch immer mehr Menschen durch psychische Erkrankungen an ihrer beruflichen Tätigkeit gehindert. Vor allem Personen, die an ihrem
    Arbeitsplatz tagtäglich hohen Anforderungen und Stresssituationen ausgesetzt sind, leiden oft unter Depressionen und Burn-out.

    Die am stärksten betroffene Altersgruppe sind Berufstätige zwischen 50 und 60 Jahren. Doch Berufsunfähigkeit kann jeden treffen, denn durch einen Unfall oder eine schwere – physische oder psychische – Erkrankung kann die Ausübung des Berufs jederzeit ebenso abrupt wie unvorhergesehen unmöglich werden. Und dieser Fall tritt häufiger ein als man denken würde: laut einer Studie des Bundesgesundheitsministeriums kann jeder vierte Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zum Rentenalter arbeiten.

    Kommt es tatsächlich zur Berufsunfähigkeit, trifft man auf Seiten der Versicherung regelmäßig auf Widerstand, da es oft um hohe Schadenswerte geht. Die Auseinandersetzungen beziehen sich typischerweise auf folgende Problemfelder:

    Probleme und Auseinandersetzungen beim Eintreten der Berufsunfähigkeit (Leistungsfall)

    Typischerweise finden die Auseinandersetzungen mit den Versicherern auf folgenden Problemfeldern statt:

    1. Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

    Erste Probleme im Fall, dass eine Berufsunfähigkeit eintritt, kann es geben, wenn die Versicherung dem Betroffenen eine sog. vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung vorwirft.

    Gemeint ist, dass der Betroffene schon in dem Antrag für die Versicherung falsche oder unvollständige Angaben über seinen Gesundheitszustand gemacht hat. So ist die Versicherung dazu berechtigt, bei der Krankenversicherung oder dem Arbeitgeber Informationen über Arztbesuche, Krankheiten und Ähnliches einzuholen. Bei etwaigen Widersprüchen kann sie vom Vertrag zurücktreten oder ihn sogar wegen arglistiger Täuschung anfechten.

    Diese Prüfung gehört zum Standardverfahren der Versicherungen und ein daraus resultierender Vorwurf der absichtlichen oder fahrlässigen Täuschung durch den Betroffenen ist häufig unbegründet. Deshalb ist es umso wichtiger, die Entscheidung der Versicherung prüfen zu lassen.

    2. Keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit/Verweisungsklauseln

    Wenn für die Versicherung weder Rücktritt noch Anfechtung infrage kommen, so behauptet sie oft, dass keine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliegt. Also, dass beispielsweise für den Betroffenen die Ausübung seiner Arbeit zu über 50 % möglich ist.

    Um dies zu beurteilen, beauftragen Versicherungen häufig eigene Gutachter, die den Gesundheitszustand des Betroffene bewerten sollen und denen gegenüber er zur Mitwirkung verpflichtet ist. In älteren Verträgen gibt es zudem häufig sog. Verweisungsklauseln. Diese besagen, dass kein Leistungsfall eintritt, solange der Betroffene eine mit seinem zuvor ausgeübten Beruf vergleichbare andere Tätigkeit ausüben kann.

    In der Praxis treten auch Fälle auf in denen die Versicherung Leistungen für einen befristeten Zeitraum (z.B. zwei Jahre) anerkennt. Es stellt sich hierzu die Frage, ob dies zulässig ist, wenn bedingungsgemäß nach sechs Monaten Berufsunfähigkeit eintritt oder ob darin eine Zurücknahme des Vertragsversprechens liegt.

    Liegt in diesem befristeten Anerkenntnis nur eine Art „Kulanzleistung“, lässt dieses das Feststellungsinteresse für eine Klage nicht entfallen.

    Auch ein außergerichtliches Anerkenntnis hat aus sich heraus keine Bindungswirkung. Wenn das Anerkenntnis aber dazu führt, dass der Sachverhalt (ob bedingungsgemäße BU eingetreten ist) nicht weiter aufgeklärt wird, darf die Versicherung durch eine spätere Zurücknahme des Anerkenntnisses die Rechtsstellung des Versicherungsnehmers nicht verschlechtern.

    3. Nachprüfungsverfahren

    Schließlich können Probleme auch nach der erstmaligen Bewilligung der Berufsunfähigkeitsrente auftreten. So hat die Versicherung (meist einmal im Jahr) das Recht, zu überprüfen, ob eine Besserung des Gesundheitszustands eingetreten ist, die die Berufsunfähigkeit und damit die Leistungspflicht der Versicherung wieder infrage stellen könnte.

    4. Doppelversicherung: BU-Versicherung & Krankentagegeldversicherung?

    Was passiert, wenn ein Betroffener gleichzeitig gegen Berufsunfähigkeit versichert ist und auch eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen hat?

    Die Standardbedingungen der Krankentagegeldversicherung sehen dazu in der Regel ein Klausel vor, wonach bei Eintritt von Berufsunfähigkeit der Schutz der Krankentagegeldversicherung endet. Für gewöhnlich ausgeschlossen ist daher, dass ein Betroffener aus beiden Versicherungen Leistungen erhält.

    Ein erfahrener Anwalt kann Ihnen bei all diesen Problemen behilflich sein. So ist eine Konsultierung schon bei Antragstellung empfehlenswert, aber auch im Laufe des Verfahrens jederzeit möglich.

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