Definition folgender Begriffe: Erwerbsminderung, Berufsunfähigkeit, Arbeitsunfähigkeit

Erwerbsminderung (Begriff aus dem Sozialrecht, kommt in §§ 43, 240 SGB VI vor)

Teilweise erwerbsgemindert

Gem. § 43 I 2 SGB VI ist ein Versicherer teilweise erwerbsgemindert, wenn er infolge einer Krankheit oder Behinderung für länger als sechs Monate außerstande ist (vgl. § 101 I SGB VI), unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Im Rahmen der allgemeinen Arbeitsmarktbedingungen ist die konkrete Arbeitsmarktsituation zu berücksichtigen. Wenn der Arbeitsmarkt verschlossen ist, also wenn innerhalb eines Jahres seit Stellung des Rentenantrags kein Arbeitsplatz in Betracht kommt, kann eine teilweise Erwerbsminderung auch zu einer vollen Erwerbsminderung führen (s.u.).

(BeckOGK/Gürtner, 1.7.2020, SGB VI § 43 Rn. 25, 30, beck-online)

Voll erwerbsgemindert

Gem. § 43 II 2 SGB VI ist ein Versicherter voll erwerbsgemindert, wenn er aufgrund einer Krankheit oder Behinderung für länger als sechs Monate nicht in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine volle Erwerbsminderung liegt schon dann vor, wenn der Versicherer weniger als sechs Stunden am Tag leistungsfähig ist und der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist.

(BeckOGK/Gürtner, 1.7.2020, SGB VI § 43 Rn. 31, beck-online)

Berufsunfähigkeit (findet sich in privaten Berufsunfähigkeits- und Krankentagegeldversicherungen)

In der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung:

Berufsunfähig ist, wer für mindestens sechs Monate in der Ausübung seines letzten Berufs zu mindestens 50 Prozent eingeschränkt ist.

In der privaten Krankentagegeldversicherung:

(was ist Berufsunfähigkeit im Verständnis der privaten Krankentagegeldversicherung)

In der Sozialversicherung:

(was ist Berufsunfähigkeit im Verständnis der gesetzlichen Sozialversicherung)

Eine Einschränkung der Berufsausübung liegt vor, wenn der Versicherte weniger als sechs Stunden am Tag leistungsfähig ist.

(Knickrehm/Roßbach/Waltermann/Roßbach, 8. Aufl. 2023, SGB VI § 240 Rn. 10)

Arbeitsunfähigkeit (Voraussetzungen für Ansprüche gegen Krankentagegeld- und Betriebsunterbrechungsversicherungen)

Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person aufgrund von Krankheit ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann.

(DStR 2013, 2346, beck-online)

Unterscheide:

Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit

Notwendige Voraussetzung für das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit und teilweise Erwerbsminderung ist, dass der Versicherer für mindestens sechs Monate, weniger als sechs Stunden am Tag leistungsfähig ist. Die Berufsunfähigkeit und Erwerbsminderung unterscheiden sich jedoch dahingehend, dass der Bezugspunkt der Leistungsfähigkeit in der Berufsunfähigkeitsversicherung der zuletzt ausgeübte Beruf ist, wobei die Erwerbsminderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, also auf eine unbestimmte Tätigkeit abzielt. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung eine private Versicherung darstellt, wohingegen die Erwerbsminderungsrente eine staatliche Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung ist.

(Knickrehm/Roßbach/Waltermann/Roßbach, 8. Aufl. 2023, SGB VI § 240 Rn. 10, beck-online)

Berufsunfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit

Die Arbeitsunfähigkeit beschreibt einen zeitlich begrenzten Zustand der Leistungsunfähigkeit, bei dem noch Aussicht auf Besserung besteht. Bei der Berufsunfähigkeit geht man hingegen davon aus, dass eine Rückkehr in den zuletzt ausgeübten Beruf äußerst unwahrscheinlich ist.

Arbeitsunfähigkeit und Erwerbsminderung

Die Arbeitsunfähigkeit stellt auf den zuletzt ausgeübten Beruf oder gleichartige Tätigkeiten ab, wobei sich die Erwerbsminderung auf eine unbestimmte Tätigkeit, also auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bezieht. Zudem ist eine Person bereits arbeitsunfähig, wenn sie ihren Beruf kurzzeitig nicht oder  nur unter der Gefahr der Verschlechterung ihres Zustands ausführen kann, wohingegen eine Erwerbsminderung erst nach absehbarer Zeit, also nach mindestens sechs Monaten Arbeitsunfähigkeit vorliegt.

Rechtsanwalt Dr. Martin Riemer

Fachanwalt für Medizinrecht & Versicherungsrecht

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Studentische Mitarbeiterin