Streit um die Krankentagegeldversicherung

Als Arbeitnehmer haben Sie bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf sechs Wochen Lohnfortzahlung durch ihren Arbeitgeber. Aber was passiert danach?

Im Regelfall werden Sie durch ein Krankengeld seitens ihrer gesetzlichen Krankenkasse unterstützt. Arbeitnehmer, die Pflichtmitglieder der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sind, bekommen gem. §§ 47, 48 SGB V ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit ein reduziertes Krankengeld (derzeit 70 % des ursprünglichen Bruttogehalts, jedoch nicht mehr als 90% des Nettogehalts) für maximal 78 Wochen ausgezahlt.

Für das Schließen der Lücke zwischen der Höhe des gesetzlichen Krankengeldes und dem tatsächlichen Nettoeinkommen eignet sich der Abschluss einer privaten Zusatzversicherung: der Krankentagegeldversicherung (KTG).

Grundsätzlich hat der Abschluss einer Krankentagegeldversicherung den Zweck, Einkommensverlusten bei gleichbleibenden Lebensunterhaltungskosten entgegenzuwirken. Dabei kann der Tagesgeldsatz frei gewählt werden. Dies hat jedoch zur Folge, dass die Höhe der Versicherungsprämie mit wachsenden Tagesgeldsatz ansteigt.

Für wen eignet sich der Abschluss der Krankentagegeldversicherung?

Abschließen können die Krankentagegeldversicherung Arbeitnehmer sowie Selbstständige. Gerade für Selbstständige, die per se keinen Anspruch auf gesetzliches Krankengeld haben, kann es sinnvoll sein, eine private Krankentagegeldversicherung abzuschließen, um entsprechende finanzielle Einbußen von vornherein so gering wie möglich zu halten.

Wann zahlt die Krankentagegeldversicherung?

Die Grundlagen für eine Leistung aus einer privaten Krankentagegeldversicherung ergeben sich aus den Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (MB/KT). Vorausgesetzt wird eine   100 %-ige, jedoch nur vorübergehende Arbeitsunfähigkeit. Zu unterscheiden hiervon ist die vollständigen Berufsunfähigkeit, siehe Artikel zur Berufsunfähigkeit. 

Beliebte Gründe für die Leistungsverweigerung trotz Krankheitsfall

Das Streitpotential zwischen Versicherten und Versicherern im Bereich der Zahlung des Krankentagegeldes ist groß. Die Versicherer behaupten gegenüber den Versicherungsnehmern immer häufiger, dass diese keinen oder nicht den vollen Anspruch auf Leistung haben. Zahlungen werden aufgeschoben, gekürzt oder gänzlich verweigert. In einigen Fällen bestehen die Versicherer sogar auf Rückzahlungen. Streitigkeiten erstrecken sich zum Leidwesen der Betroffenen oftmals über lange Zeiträume. Der erkrankte Versicherte ist ohne anwaltlichen Beistand im Kampf gegen die strategischen Vorgehensweisen der Versicherungswirtschaft auf sich allein gestellt.

Im Folgenden werden beliebte Methoden der Versicherer aufgeführt:

1. Gutachter/Vertrauensarzt des Versicherers

Bei Verweigerung der Leistung beauftragt die Versicherung einen Sachverständigen zur Überprüfung der Voraussetzungen für die (Fort-)Zahlung des Krankengeldes. Dieser prüft, ob die ursprünglich gestellte Diagnose des behandelnden Arztes dem aktuellen Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers entspricht. Oftmals kommt der Gutachter zu Ergebnissen, die sich ungünstig auf den weiteren Leistungsbezug auswirken.

Die Wahrscheinlichkeit für benachteiligende Einschätzungen seitens des Gutachters steigt, je länger der Versicherte das Krankentagegeld bezieht.

Hierbei sollte dem Betroffenen bewusst sein, dass dieses Parteigutachten nicht final ist. Im Rechtsstreit wird berücksichtigt, dass der Gutachter nicht denselben Beurteilungsgrad hat wie der behandelnde Arzt, der auch die Vorgeschichte des Patienten kennt. Ebenfalls kann aufgrund der bezahlten Beauftragung nicht davon ausgegangen werden, dass dieser neutral ist.

2. Behauptung der Arbeitsfähigkeit

Ziel des Versicherers bei Begründung einer Leistungsverweigerung ist es festzustellen, dass der betroffene Versicherte nicht zu 100 % arbeitsunfähig ist.

Bereits ausreichend ist eine unachtsame Mitteilung des Versicherten, beispielsweise über das gelegentliche Führen von Telefonaten oder Beantwortung von E-Mails. Besonders vorsichtig sollten hierbei Selbstständige sein. In einigen Fällen werden Privatdetektive beauftragt, die beobachten, ob der Betroffene seinen Arbeitsplatz aufsucht oder ähnliche Tätigkeiten ausführt, die seine vollkommene Berufsunfähigkeit widerlegen könnten.

3. Behauptung der Berufsunfähigkeit

Besonders wenn Betroffene über einen längeren Zeitraum das Krankentagegeld in Anspruch nehmen, möchte sich der Versicherer von der Leistungspflicht sowie der Weiterführung des Versicherungsvertrages entbinden. Der Versicherte wird als berufsunfähig eingestuft. Bei Berufsunfähigkeit steht dem Betroffenen andere Form finanzieller Hilfe zu, nämlich entweder eine Erwerbsunfähigkeitsrente oder eine private Berufsunfähigkeitsrente.  Für die Fortsetzung der Leistung muss der Versicherung bewiesen werden, dass der Versicherte zwar vollständig arbeitsunfähig ist, dennoch nur temporär und eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu erwarten ist.

4. Anfechtung des Vertrages wegen vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung

Ebenfalls denkbar ist seitens der Versicherung die Anfechtung oder der Rücktritt vom Vertrag. Dabei wird behauptet der Versicherte hätte unrichtige Gesundheitsangaben abgegeben, welche den Versicherungsvertrag von Anfang an unwirksam machen.

Zu erwarten ist dabei eine detaillierte Begutachtung von (meist fahrlässigen) Fehlern und Lücken im Antragsbogen. Schon bei den geringsten Abweichungen ist eine Vertragsbeendigung absehbar.

5. Überversicherung – verminderter Krankentagegeldsatz

Zu einer Kürzung der Leistungen kommt es, wenn der Versicherer das Arbeitseinkommen der letzten Jahre überprüft. Sollte er hierbei zu dem Ergebnis gelangen, dass der Betroffene einen höheren Tagesgeldsatz erhält, als er durchschnittlich an einem Tag verdient hat, beruft der Versicherer sich auf das Bereicherungsverbot und es werden prompt die Leistungen gekürzt.

Betroffenen steht auch hier die Möglichkeit zu sich zu wehren und auf Einkommensunregelmäßigkeiten hinzuweisen. Die Rechtsprechung ist hier oft eindeutig:    Der BGH schützt die Ansprüche der Krankentageversicherten umfassend.

6. Rückzahlungsforderung bei Leistungen der Berufsunfähigkeitsversicherung

Nicht selten wird aus der temporären 100 prozentigen Arbeitsunfähigkeit des Betroffenen eine dauerhafte Berufsunfähigkeit.

Bei Bezug von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung steht es der Krankentagegeldversicherung unter bestimmten Voraussetzungen zu, Leistungen ab einem bestimmten Stichtag zurückfordern.

Hinnahme der Leistungsverweigerung?

Leistungsverweigerungen oder Forderungen durch die Versicherung sollten nicht einfach hingenommen werden. Der Versicherte kann tätig werden, sich anwaltlich beraten lassen und gegebenenfalls Klage gegen die Versicherung einreichen. Wir bieten Ihnen als Fachkanzlei für Versicherungsrecht rechtlichen Beistand.

Erstellt am 14.09.2020

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