Vergleich Schmerzensgeld in Deutschland und in den USA

Die Vorstellung davon, wie ein Schmerzensgeld auszusehen hat, geht in Deutschland und in den USA deutlich auseinander. Dies liegt vor allem an der unterschiedlichen Handhabung des Schmerzensgeldes in den beiden Staaten.

Im deutschen Rechtssystem wird Schmerzensgeld gem. § 253 BGB (immaterieller Schaden) als Entschädigung für erlittene körperliche oder seelische Schmerzen sowie immaterielle Beeinträchtigungen durch das schuldhafte Verhalten einer anderen Person gewährt. Es soll den Geschädigten für ihr erlittenes Leid entschädigen und eine gewisse Genugtuung bieten. Die Höhe des Schmerzensgeldes wird individuell im Rahmen jedes Falles festgelegt und richtet sich nach verschiedenen Kriterien. Berücksichtigt wird unter anderem die Schwere der Verletzung, die Dauer der Beeinträchtigung, die die Verletzung mit sich bringt, die Art der Beeinträchtigung, inwieweit die Beeinträchtigung die Lebensqualität verändert und die Schwere des Verschuldens des Schädigers. Die Entscheidung über die Höhe des Schmerzensgeldes obliegt dem Gericht. Es können auch außergerichtliche Einigungen getroffen werden. Dabei orientieren sich die Gerichte oft an vergleichbaren Fällen aus der Rechtsprechung, um eine angemessene und faire Entschädigung zu garantieren. Allerdings handelt es sich bei der Findung der Höhe des Schmerzensgeldes immer um Einzelfallentscheidungen.

In den USA setzt sich die Summe des Schmerzensgeldes aus zwei Hauptkomponenten zusammen: den „compensatory damages“ und den „punitive damages“. Die „compensatory damages“ im amerikanischen Rechtssystem entsprechen in etwa dem deutschen Schadenersatz und Schmerzensgeld. Sie sollen wirtschaftliche und immaterielle Schäden ausgleichen, die durch das Fehlverhalten einer anderen Partei entstanden sind. Die Höhe dieser Schadensersatzleistungen kann je nach Fall variieren und hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Schwere der Verletzungen, die Auswirkungen auf das Leben des Verletzten und der Grad des Fehlverhaltens der anderen Partei. Die „punitive damages“ sind eine Besonderheit des amerikanischen Rechtssystems und entsprechen einem Strafschadenersatz. Sie sollen den Beklagten davon abhalten, weiteren Schaden zu verursachen, indem sie über den Schaden des Einzelfalls hinaus bemessen werden. Die Kläger profitieren letztlich von dieser Strafzahlung, ohne dass ihnen weitere Nachteile ausgeglichen werden. Die Höhe der punitive damages liegt im Ermessen des Gerichts, oft der Jury, und soll angemessen sein, um den Täter zu bestrafen und andere von ähnlichem Fehlverhalten abzuschrecken. Die Bemessungskriterien beziehen sich auf die handlungsbezogenen Tatsachen des Einzelfalls sowie auf die persönliche Situation des Beklagten, wobei in einigen Staaten die Vermögenslage des Beklagten keine Berücksichtigung finden darf. Um das freie Ermessen der Jury einzudämmen, gibt es in einigen Staaten eine Ausweitung der richterlichen Kontrolle oder sogar gesetzliche Obergrenzen für punitive damages, die je nach Bundesstaat variieren können. Nur in Colorado und North Dakota darf die Vermögenslage des Beklagten keine Berücksichtigung finden. Es wird auch darauf geachtet, dass die punitive damages in einem angemessenen Verhältnis zu den compensatory damages stehen.

Die Gewährung von Schmerzensgeld in Deutschland und den USA unterscheidet sich in mehreren wesentlichen Punkten:

Rechtssystem und rechtliche Grundlagen:

Deutschland folgt einem Zivilrechtssystem mit kodifizierten Gesetzen, während die USA ein Common-Law-System haben, das stark von Richterrecht und Präzedenzfällen geprägt ist. In Deutschland wird Schmerzensgeld hauptsächlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt, während in den USA die Gewährung von Schmerzensgeld stark von bundesstaatlichen Gesetzen und der Rechtsprechung abhängt.

Umfang und Zweck des Schmerzensgeldes:

In Deutschland dient Schmerzensgeld primär dazu, den Geschädigten für erlittene körperliche oder seelische Schäden zu entschädigen und eine gewisse Genugtuung zu bieten. In den USA umfasst das Schmerzensgeld nicht nur einen Ausgleich für erlittene Schäden, sondern kann auch eine punitive Komponente haben, die darauf abzielt, den Beklagten für sein Fehlverhalten zu bestrafen und zukünftiges Fehlverhalten abzuschrecken.

Bemessung der Höhe:

Die Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes erfolgt in Deutschland aufgrund von festgelegten Kriterien, wie der Schwere der Verletzung, der Dauer der Beeinträchtigung und dem Verschulden des Schädigers. In den USA kann die Höhe des Schmerzensgeldes je nach Bundesstaat und Fall sehr unterschiedlich sein und wird oft von einer Jury bestimmt. Dabei können sowohl compensatory damages als auch punitive damages vergeben werden.

Berücksichtigung der Vermögenslage:

In einigen US-Bundesstaaten, wie Colorado und North Dakota, darf die Vermögenslage des Beklagten bei der Bemessung von punitive damages keine Rolle spielen. In Deutschland hingegen wird die finanzielle Situation des Schädigers nicht bei der Festlegung der Schmerzensgeldhöhe berücksichtigt.

Richterliche Kontrolle und Obergrenzen:

In einigen US-Bundesstaaten gibt es gesetzliche Obergrenzen (caps) für die Höhe von Schmerzensgeldern, während in Deutschland die Höhe des Schmerzensgeldes weitgehend im Ermessen des Gerichts liegt, ohne gesetzliche Obergrenzen.

Quelle:
Riedel, E. M. (2016). Punitive Damages – ein Vergleich des englischen, US-amerikanischen und deutschen Rechts. (ZERP-Arbeitspapier, 3). Bremen: Zentrum für Europäische Rechtspolitik (ZERP) an der Universität Bremen.
https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-62304-9

Die nachfolgenden Videos erklären den Unterschied in beiden Rechtssystemen:

So erreichen Sie unsere Kanzlei in Köln:

Rechtsanwalt Dr. Martin Riemer

Fachanwalt für Medizinrecht und Versicherungsrecht

Theodor-Heuss-Ring 23
50668 Köln
Tel. (0221) 933356-0
Fax (0221) 933356-19
info@dr-riemer.de

Ioanna Lamjadli

studentische Mitarbeiterin